Aufgrund des hohen Gewichts unserer Patienten und ihres Charakters als Fluchttiere stellt die Versorgung von Frakturen in der Pferdemedizin eine besondere Herausforderung dar. Durch stetige Weiterentwicklung in der Tiermedizin stellt ein Knochenbruch heute jedoch, anders als noch vor einigen Jahrzehnten nicht mehr unbedingt ein Todesurteil für das betroffene Pferd dar.
Durch langjährige Erfahrung und stetige Weiterbildung haben wir uns in der Pferdeklinik Bargteheide auf die chirurgische Behandlung von Knochenbrüchen spezialisiert.
Wichtige Parameter, welche für die Prognose eines Pferdes mit einer Fraktur entscheidend sind, sind der betroffene Knochen, die Größe bzw. das Gewicht des Pferdes, die Frakturkonfiguration und ob es sich um eine offene oder geschlossene Fraktur handelt. Insgesamt ist die Prognose bei leichteren Pferden mit Frakturen im unteren Gliedmaßenbereich deutlich besser als bei schweren Pferden mit Frakturen im Bereich der oberen Gliedmaße. Trümmerfrakturen sind schwerer zu versorgen als einfache Längsfrakturen. Offene Frakturen, also solche bei denen die Haut durchtrennt ist haben in der Regel eine schlechtere Prognose, da die Bakterien, welche durch die Hautverletzung eindringen häufig zu einer Infektion führen, vor allem wenn Platten und Schrauben zur Osteosynthese eingesetzt werden.
Griffelbeinfrakturen sind die am häufigsten auftretenden Frakturen beim Pferd. Hier ist die Prognose nach einer Operation in der Regel günstig, weil das Röhrbein die Hauptlast der Gliedmaße trägt. In der Regel wird hier das blind endende untere Fragment des Griffelbeins amputiert. Bei geschlossenen Frakturen im oberen Drittel des Griffelbeines kann eine Versorgung mittels Plattenosteosynthese sinnvoll sein. Offene Griffelbeinfrakturen im unteren Bereich können normalerweise erfolgreich operativ versorgt werden, offene Frakturen im Griffelbeinkopfbereich werden meist nicht chirurgisch behandelt, sondern müssen selbsständig abheilen. In selten Fällen kann auch eine Totalresektion eines Griffelbeins unumgänglich sein.
Hufbeinfrakturen stellen aufgrund der Lokalisation des Hufbeins innerhalb der Hornkapsel des Hufes eine chirurgische Herausforderung dar. Frakturen im Hufbeinastbereich werden mit Boxenruhe, Spezialbeschlag und Hufgips behandelt. Längsfrakturen des Hufbeines haben wegen der Gelenkbeteiligung und dem daraus resultierenden Arthroserisiko eine ungünstigere Prognose und können wahlweise verschraubt oder mit Gips behandelt werden.
Kronbeinfrakturen sind selten und in der Regel Trümmerfrakturen mit schlechten Heilungsaussichten. In einigen Fällen kann das Pferd durch eine Arthrodese, also eine Gelenksversteifung, des Krongelenkes gerettet werden.
Fesselbeinfrakturen treten häufig als Stressfrakturen in der Mitte des Fesselbeines auf und können mit günstigen Heilungsaussichten verschraubt und zusätzlich gegipst werden.
Haarrisse im Fesselbein (Fesselbeinfissur) können in der Regel mit Boxenruhe und gegebenenfalls bei unruhigen Pferden mit Gipsfixation versorgt werden. Diese Fesselbeinfissuren haben meist gute Heilungsaussichten.
Frakturen im Bereich der oberen langen Röhrenknochen wie Unter- und Oberarm, sowie Unter- und Oberschenkel stellen eine große chirurgische Herausforderung dar. Hier hängt die Prognose sehr vom Gewicht des Pferdes, der Art der Fraktur (gedeckte / offene Fraktur) (Glatter Bruch / Spiralbruch / Trümmerbruch) und einer eventuellen Gelenkbeteiligung ab.
Eine Ausnahme stellen Frakturen der Elle / des Ellenbogens (Ulnafraktur) dar. Diese treten häufig bei Jungpferden auf und haben je nach Frakturverlauf eine vorsichtige bis günstige Prognose.
Die Entscheidung zur Operation einer Fraktur sollte unter Berücksichtigung von Tierschutz, wirtschaftlichen Aspekten und der chirurgischen Machbarkeit sorgfältig im Gespräch zwischen Chirurg und Besitzer abgewogen werden.
Die operative Behandlung von Frakturen ist aufgrund folgender Faktoren besonders schwierig:
Das hohe Gewicht eines Pferdes führt zu einer starken mechanischen Belastung des Knochenbruches sowohl in der Aufstehphase nach der Operation als auch in der Ausheilungsphase. Die Belastung der verletzten Gliedmaße kann nicht wie beim Menschen durch Liegen oder Gehhilfen reduziert werden. Eine zusätzliche Fixierung durch Eingipsen ist insbesondere im oberen Gliedmassenbereich nicht möglich, so dass direkt nach der Operation eine Belastungsstabilität gegeben sein muss. Um die mechanische Belastung nach Frakturoperationen zu reduzieren, steht uns in der Klinik ein Schwinglifter zur Verfügung. Dieser trägt mittels einer flexiblen Hängekonstruktion einen Teil des Körpergewichtes und das Pferd kann sich trotzdem frei in der Box bewegen und hinlegen.
Man unterscheidet glatte Brüche von Spiralbrüchen und Trümmerfrakturen, bei den letzteren sind die Heilungschancen aufgrund der mangelnden Belastungsstabilität in der Regel aussichtslos. Bei offenen Frakturen ist im Gegensatz zu gedeckten Frakturen die Haut durch spitze Knochenenden oder durch die äußere Gewalteinwirkung eröffnet. Diese Frakturen haben in der Regel bedingt durch das Eindringen von Bakterien über die Wunde ebenfalls eine aussichtslose Prognose.




